10 MILLIONEN EURO FÜR DIE ENTWICKLUNG BAHNBRECHENDER NEUER WIRKSTOFFE GEGEN VIRALE INFEKTIONEN

Die SPRIND Challenge „Broad-Spectrum Antivirals“ startet am 1. November 2023 in ihre dritte und letzte Stufe. Vier Teams erhalten für die kommenden zwölf Monate jeweils 2,5 Millionen Euro für die Weiterentwicklung ihrer radikal neuen Wirkstoffe gegen virale Krankheiten.

Spätestens seit der COVID-19-Pandemie wissen wir: Viren sind eine Bedrohung für die Gesundheit der Menschen weltweit. Trotz des beachtlichen Erfolgs von Impfstoffen werden auch antivirale Medikamente benötigt, um Erkrankten helfen zu können. Für viele Viruserkrankungen, die uns seit langem begleiten, gibt es bis heute noch keine wirksamen Medikamente. Der Blick auf Ausbrüche von SARS-CoV-1, MERS-CoV, Ebola oder Influenza verdeutlicht, dass wir uns für zukünftige Epidemien und Pandemien wappnen müssen.

Damit ein Durchbruch bei der Entwicklung neuer antiviraler Medikamente gelingt, hat die Bundesagentur für Sprunginnovationen vor zwei Jahren zu dieser SPRIND Challenge aufgerufen. Darin treten Teams parallel mit unterschiedlichen Lösungsstrategien an, um in einem Wettbewerb über drei Jahre die vielversprechendsten Wirkstoffe auf Basis neuer Technologieplattformen zu finden.
Jurysitzung Antivirals 2023
Jurysitzung Antivirals 2023
Jurysitzung Antivirals 2023

Auswahl für Stufe 3 in Leipzig

Eine Jury aus Wissenschaft und Wirtschaft hat nun aus den verbliebenen sechs Teams die vier Kandidaten ausgewählt, die als Finalisten an der letzten Stufe dieses Innovationswettbewerbs teilnehmen werden. Die folgenden Teams konnten die Jury überzeugen, dass ihre Arbeiten neue antivirale Medikamente hervorbringen können, die das Potenzial haben, auch gegen heute noch unbekannte Viren erfolgreich eingesetzt werden zu können:
Jurysitzung Antivirals 2023
Jurysitzung Antivirals 2023
CRISPR ANTIVIRALS – nutzt das antivirale Abwehrsystem CRISPR/Cas13, das in Millionen Jahren der Evolution von Bakterien perfektioniert wurde, um die Vermehrung und die zytopathischen Wirkungen von RNA-Viren wie SARS-CoV-2 durch Spaltung ihres viralen Genoms und mRNA zu blockieren. Prof. Dr. Elisabeth Zeisberg (Universitätsmedizin Göttingen, Ausgründung Avocet Biosciences GmbH) und Team haben einen Weg gefunden, der verspricht, besonders robust gegen Mutationen eines Virus zu sein.

iGUARD – um Prof. Dr. Axel Schambach (Medizinische Hochschule Hannover) entwickelt molekulare Therapeutika der nächsten Generation auf RNAi-Basis gegen respiratorische Virusinfektionen und nutzt dazu maschinelles Lernen zur automatischen Identifizierung von Zielstrukturen sowie eine optimierte Vektorplattform für die Verabreichung und präklinische Validierung in humanen, patientenrelevanten Modellen. Durch diese automatische Identifizierung von Zielstrukturen sollen sich antivirale Therapeutika deutlich schneller entwickeln lassen als bisher.

MUCBOOST – geleitet von Dr. Daniel Lauster (FU Berlin, Ausgründung MucosaTec GmbH), entwickelt ein Upgrade gegen Krankheitserreger: Die antivirale Wirksamkeit des Mukus, dem Schleim, der unsere Atemwege überzieht, wird gezielt verstärkt. Dieses Upgrade funktioniert nach einem Baukastenprinzip und kann so flexibel an unterschiedlichste Viren angepasst werden. Gleichzeitig hat der Ansatz das Potential, die Übertragbarkeit zu verringern, indem die Viren verstärkt am Mukus haften bleiben: Er wirkt also wie eine molekulare Maske.

VIRUSTRAP – nutzt die DNA-Origami-Technologie, um Fallen für Viren im Nanomaßstab zu bauen. Dafür konstruiert das Team um Prof. Dr. Hendrik Dietz (TUM, Ausgründung Capsitec GmbH) Halbschalen aus einzelsträngiger DNA, die Viren umschließen und neutralisieren. Größe und Form der Schalen lassen sich dabei flexibel an unterschiedliche Viren anpassen.
Insgesamt erhalten die ausgewählten vier Teams von SPRIND jeweils rund 4,7 Millionen Euro über drei Jahre. Für die Mittelvergabe bei den SPRIND Challenges hat die Bundesagentur für Sprunginnovationen ein in Deutschland neues Verfahren der Innovationsförderung etabliert, die vorkommerzielle Auftragsvergabe. Im Vergleich zu bisherigen Verfahren der staatlichen Innovationsfinanzierung ist die vorkommerzielle Auftragsvergabe wesentlich schneller und die formalen Vorgaben weit weniger umfangreich, so dass auch kleinere Teams und Start-ups sich hieran mit Erfolg und ohne spezielles Fördermittelbeantragungs-Know-how beteiligen können. Diese besonderen Finanzierungskonditionen haben dazu beigetragen, dass bislang drei der Challenge Teams vielversprechende Unternehmen ausgegründet haben.


Die SPRIND Challenges haben sich in kurzer Zeit als wirkungsvolles Finanzierungswerkzeug zur Überbrückung des ‚Tal des Todes‘ zwischen Grundlagenforschung und Marktreife etabliert. Indem wir über mehrere Jahre hinweg unterschiedliche Lösungsansätze finanzieren und deren Entwicklungsfortschritt evaluieren, können wir die besten Lösungsansätze herausfiltern. Damit diese neuen Wirkstoffkandidaten weiterentwickelt und produziert werden - so dass sie im Bedarfsfall auch schnell zur Verfügung stehen - braucht es nun noch ein Advance Market Commitment (AMC) seitens der öffentlichen Hand, um Marktversagen zu beseitigen, das private Investitionen in Pandemiemedikamente lähmt.
Jurysitzung Antivirals 2023
Jurysitzung Antivirals 2023
Jurysitzung Antivirals 2023
Challenge
Ein AMC garantiert die Abnahme von Produkten, hier „broad-spectrum antivirals“, mit klar definierten Produkteigenschaften. Zum Zeitpunkt der Etablierung des AMC sind diese Produkte noch nicht verfügbar, müssen also erst entwickelt werden. Dabei wird die Marktzusage nicht gegenüber bestimmten Unternehmen ausgesprochen, sondern richtet sich an alle Marktteilnehmer, die die vorab definierten Leistungskriterien des Produkts erfüllen. Auf diese Weise kann die entscheidende Hürde für Investitionen, nämlich die Unsicherheit der Nachfrage, überwunden werden. Es hat sich gezeigt, dass solche vorgezogenen Marktzusagen einen "Pull-Effekt" erzeugen, indem sie einen ansonsten nicht existierenden Markt etablieren.
Diese Beseitigung der Nachfrageunsicherheit wiederum ermöglicht es Investoren wie Wagniskapitalgebern oder Pharmaunternehmen in die Entwicklung neuer Technologien zu investieren, da sie nun „lediglich“ das technologische Risiko tragen, nicht mehr aber das Marktrisiko der Entwicklung. Dieses Konzept hat sich im Bereich CO2-Sequestrierung und der Entwicklung von Impfstoffen bereits bewährt.

Weitere Informationen zu dieser SPRIND Challenge und zu den teilnehmenden Teams finden Sie hier.