Den Wind ernten

Die Binnenwindanlagen der Zukunft

Modell des Bendix-Windrad
Kaum ein Thema wird derzeit so heiß gehandelt wie das um erneuerbare Energien, ihren schnellstmöglichen Ausbau auf mehr Flächen, um Unabhängigkeit der Energieversorgung von anderen Ländern und den Kampf gegen den Klimawandel. Der Wirbel um Wind gibt dabei nicht zuletzt der beventum GmbH, Tochter der SPRIND, Auftrieb.

Ausgangspunkt für ihre Gründung im Dezember 2020 waren die jahrzehntelangen Arbeiten an einer Höhenwindanlage von Horst Bendix, einem Ur-Leipziger, der viele Jahre lang Technik- und Forschungschef beim Leipziger Schwermaschinenbauer Kirow gewesen war, zudem auch Hochschul-Professor und Berater in Ingenieurdingen, enthusiastischer Maschinenbauer und Erfinder. Mit insgesamt 60 Neu- und Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Fördertechnik und des Schwermaschinenbaus war er in internationalen Wettbewerben erfolgreich – und lancierte mit seiner Einreichung sein Herzensprojekt bei der SPRIND.
Unterlagen zur Windanlage
Horst Bendix

Je höher Windräder sind, desto effizienter arbeiten sie, weil der Wind in der Höhe deutlich stetiger ist und stärker weht. Warum baut man sie dann nicht einfach höher?

Horst Bendix
Angestoßen durch Prof. Bendix hat sich mit dieser Frage das inzwischen auf über zehn Mitarbeiter:innen angewachsene Team der beventum beschäftigt. Die Antwort lautet im Wesentlichen: Es hat sich noch niemand getraut. Bis jetzt: Die beventum hat inzwischen drei vielversprechende Konzepte validiert – und will nun den Versuch wagen, das weltweit erste Höhenwindrad zu bauen. Derzeit sucht das junge Unternehmen Partner aus, die den über 350 Meter hohen Prototypen errichten.

Das Mehr an Wind in der Höhe senkt die Stromgestehungskosten im Vergleich zu herkömmlichen Windrädern in vergleichbaren Windzonen, sodass sich der höhere Aufwand für den Bau mehr als lohnt. Die Vision ist es, diese Höhenwindräder, die etwa doppelt so groß sind wie bisherige Windräder, als zweite Ebene in die bestehenden Windparks zu integrieren. Zusätzlich können und sollen Höhenwindräder zur innovativsten, wirtschaftlichsten und schnellsten Lösung der Neuausrichtung der ehemaligen Braunkohlereviere werden. Sowohl die laufenden Reviere in Sachsen und Nordrhein-Westfalen als auch die ehemaligen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg können so ganz realistisch zu windenergiebasierten Innovations- und Produktionsregionen werden und bekunden teilweise selbst schon ihr Interesse daran gegenüber der beventum. Außerdem wird für die Produktion von „Grünem Wasserstoff“, wie von der Bundesregierung geplant, der Bedarf an regionalem und nachhaltigem Strom stark steigen.

Doch die beventum will nicht nur hoch hinaus, sie hat weitere wegweisende Ziele: Sie möchte nicht weniger, als das Standortproblem für Windenergieanlagen an Land zu lösen. Als zweiten Schwerpunkt entwickeln die Mitarbeiter:innen deshalb Anlagen mittlerer Höhe, die unkompliziert auf ohnehin schon genutzten Flächen, wie in Gewerbegebieten, gebaut werden können. Auch hier wird das herkömmliche Windrad einmal komplett neu gedacht. Bei rund 70.000 Gewerbegebieten allein in Deutschland ergibt sich grob geschätzt eine installierbare Leistung in der Größenordnung von mehreren Kraftwerken, die direkt bei Verbraucher:innen zur Eigenversorgung eingespeist werden könnten.

Ein weiterer Baustein der Windenergiewende sind kleine Anlagen für Ein- und Mehrfamilienhäuser: radikal neu konzipiert mit untenliegendem Antrieb, drehbarem Turm, ausgelegt als Langsamläufer mit sechs bis zwölf Rotorblättern – und damit viel leiser als bisherige drei bis fünf Meter hohe Anlagen. Einfach und mit wenig Aufwand montierbar, erschließt das Mini-Windrad bisher ungenutzte Dachflächen und optimiert für Selbstversorger:innen die Energiegewinnung.

Ambitioniertes Ziel: Verdopplung der Energie aus Windkraft

Der beventum liegt vor allem daran, die Errichtung so unkompliziert und regional wie möglich zu gestalten – damit möglichst viele Unternehmen ihre Windräder bauen können und die Versorgung mit Windenergie deutschland-, europa- und bestenfalls weltweit endlich Fahrt aufnimmt. Als SPRIND-Tochter möchte die beventum die Energie aus Windkraft hierzulande verdoppeln und dafür beschreitet sie neue, mutige Wege und riskiert dabei auch zu scheitern – doch nicht ohne dabei Staub aufzuwirbeln und ihrem Namen folgend für „bene vento“ zu sorgen, den guten Wind.
Am 20. Dezember 2022 erfolgte der offizielle Startschuss für den weltweit höchsten Windmessmast auf der Hochfläche Klettwitz im südlichen Brandenburg. Die beventum hat dafür der GICON®-Großmann Ingenieur Consult GmbH den Zuschlag für das Windmessprogramm erteilt. Diese führt nun eine Messkampagne für eine Beurteilung der Höhenwindpotentiale durch, gleichzeitig soll eine zukünftige Verkürzung der Mastmessdauern für dieses Höhenniveau erreicht werden.

Der Windmessmast hat am 4. Mai 2023 seinen offiziellen Forschungsbetrieb im Rahmen einer feierlichen Einweihung aufgenommen.


Mehr über beventum: beventum.org

Baustart im Landkreis Oberspreewald-Lausitz

Science-Youtuber Jacob Beautemps erklimmt den Windmessmast und stellt das höchste Windrad der Welt vor

Breaking Lab beventum

SPRIND UND BEVENTUM

DARUM ENGAGIEREN WIR UNS
In Deutschland ist der Mangel an Standorten für Windenergieanlagen ein starker Hinderungsgrund für eine unabhängige und zukunftssichere Energieversorgung. Das von Prof. Bendix vorgeschlagene Konzept bietet zwei Möglichkeiten, diese Hinderungsgründe zu überwinden: Einerseits durch Windräder, die so groß sind, dass sie einfach den Wind oberhalb existierender Windparks ernten können, andererseits durch eine so einfache wie auch findige Art, Windräder für alle erschwinglich zu machen und so unzählige weitere Standortpotentiale außerhalb von Windparks zu nutzen. So ist beispielsweise auch ein Strukturwandel für existierende Braunkohlegebiete denkbar.

DAS IST DAS POTENTIAL, DAS WIR SEHEN
Bei der Aufstockung bestehender Windparks um eine zweite Ebene ist das Potential offensichtlich. Mit einer Nabenhöhe von 300 Metern kommen wir in Höhen, die bisher völlig ungenutzt blieben und die bei der Aufstockung bestehender Windparks mit deutlich geringerem Genehmigungsaufwand zu erreichen sind. Die günstige Lösung mit mittleren und kleinen Windrädern wird attraktiv für jegliche Industriegebiete in Deutschland, ob ein Windrad mit 20 Metern Nabenhöhe auf jedem Hinterhof oder ein sechs Meter hohes und sehr leichtes Windrad auf allen Flachdächern, das irgendwann so alltäglich ist wie Solaranlagen auf diesen Dächern.

EINEN IMPULS SETZEN
Das Ziel der Windenergiebranche ist die ständige Optimierung technischer Eigenschaften und der weiteren Steigerung der Effizienz. Das hat uns weit gebracht. Gleichzeitig verspielen wir viel Potential, weil wir nicht auf rechtliche Rahmenbedingungen blicken oder viele Regionen als nicht ertragreich ansehen. Wir fokussieren uns bewusst auf Windräder, die nicht technisch auf Effizienz getrimmt, sondern derart gestaltet und günstig sind, dass sie ohne allzu großen Genehmigungsaufwand auf Hinterhöfe und Dächer gestellt werden können und eine Wirtschaftlichkeitsrechnung idealerweise fast schon hinfällig wird – so wird die Windenergie für jeden interessant.

SPRIND PODCAST #57: MARTIN CHAUMET

Vom 5. Juni 2023

Wie baut man das größte Windrad der Welt? Wie viel stärker bläst der Wind in 300 Metern Höhe? Und wo ließen sich Höhenwindräder aufstellen? Unser Host Thomas Ramge spricht mit Martin Chaumet, Innovationsmanager bei der SPRIND und Geschäftsführer der beventum GmbH.

Zur Podcastfolge

FILMPORTRÄT HORST BENDIX

Fotos von Horst Bendix
Unterlagen zur Windanlage