Ihre Challenge:
Circular Biomanufacturing

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Bislang basiert unsere Produktion fast vollständig auf der Nutzung neu geförderter Rohstoffe oder Materialien und nicht auf der Wiederverwendung bestehender Ressourcen. Dies stellt eine enorme Belastung für Umwelt und Gesellschaft dar. Zusätzlich bleiben Abhängigkeiten in Lieferketten bestehen, die durch lokale Stoffkreisläufe reduziert werden könnten.

Eine Kreislaufwirtschaft, in der neue Produkte auf Basis bereits bestehender Rohstoffe und Materialien hergestellt werden, ermöglicht dagegen eine nachhaltigere und resilientere Produktion.

Dafür müssen biotechnologische Verfahren zur Marktreife entwickelt und unmittelbar mit modernen Produktionsverfahren integriert werden. Wissenschaftliche Fortschritte der letzten Jahre haben neue Erkenntnisse und Methoden hervorgebracht, die die Leistungsfähigkeit biotechnologischer Verfahren erheblich steigern und neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen können. Und das ist dringend nötig: Obwohl in verschiedenen Entwicklungsansätzen alternative Wege zur Herstellung verschiedenster Produkte aus der konventionellen petro-chemischen oder chemischen Industrie demonstriert wurden, gelangen Durchbrüche bislang nur in Nischenanwendungen. Ziel muss jedoch sein, einen Großteil der Produktion auf die Verwendung lokal verfügbarer Rohstoffe umzustellen.

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Die Herausforderung: Einen End-to-End-Prototypen zu entwickeln, der als kontinuierliches Bioproduktionsverfahren verschiedene kohlenstoffhaltige Abfallströme zu neuen Produkten verarbeitet.

Der Prototyp muss demonstrieren, wie kohlenstoffhaltige Abfallströme aufgearbeitet und den Mikroben als Nahrung zugeführt werden können. Das gesamte Bioproduktionsverfahren soll nicht E. Coli oder Saccharomyces cerevisiae verwenden und im Zuge der Challenge eine kontinuierliche Produktion über einen Zeitraum von mindestens 180 Tagen unter Beweis stellen. Am Ende des Prozesses sollen mindestens drei unterschiedliche Produkte mit einem modernen Fertigungsverfahren, zum Beispiel über additive Fertigung, produziert werden.

Die Challenge läuft über einen Zeitraum von drei Jahren. Eine Jury aus weltweit anerkannten Expert:innen unterstützt die SPRIND bei der Bewertung der Bewerbungen und wählt bis zu acht Teams aus, die zur Teilnahme zugelassen werden. Während der Laufzeit der Challenge entwickeln die Teams ihre Bioproduktionstechnologie weiter, um das Ziel der Challenge zu erreichen.

Teams, die an dieser Challenge teilnehmen, sind voll und ganz gefordert. Die SPRIND unterstützt deshalb intensiv und individuell. Dazu gehört die Finanzierung der Teams mit bis zu 1,5 Millionen Euro in Stufe 1 der Challenge, die im November 2023 gestartet ist. Um das volle Potential zu entfalten, stellt die SPRIND zudem eine:n Coach:in zur Seite, der:die die Arbeit eines jeden Teams begleitet, sie berät und vernetzt. Nach einem Jahr und nach zwei Jahren kommt die Jury jeweils wieder zusammen, um den Zwischenstand zu bewerten und darüber zu entscheiden, welche Herangehensweisen das größte Sprunginnovationspotential haben und welche Teams sich bis zum Schluss in der Challenge beweisen können.

Circular Biomanufacturing

Im Oktober 2024 hat die Expertenjury im Auftrag der SPRIND die Teilnehmer für die zweite und der Challenge Circular Biomanufacturing ausgewählt. Für die nächsten 12 Monate erhalten die sechs Teams jeweils bis zu 2 Millionen Euro für die Weiterentwicklung ihrer Technologie. Die Teams werden außerdem durch SPRIND begleitet, beraten und mit weiteren Expert:innen und Coaches vernetzt. Nach dem Jahr wird die Jury den Entwicklungsfortschritt bewerten und darüber entscheiden, welche Teams in die dritte Stufe der Challenge kommen.

Die Teams

Science-Youtuber Jacob Beautemps stellt bei Breaking Lab die Challenge-Teams vor

Breaking Lab "Circular Biomanufacturing"
Jury Circular Biomanufacturing
Patrick P. Rose, Petra Oyston, Clem Fortman, Deepti Tanjore, Julia Schüler, Rob Carlson, Ryan Ritterson. Nicht auf dem Bild: Michal Harari, Pae Wu

Die Challenge ist im Hinblick auf die eingesetzten Abfallströme nicht restriktiv. Neben festen organischen Abfallströmen ist beispielsweise auch die Verwertung von Gasströmen möglich. Im Fokus stehen jedoch Abfallströme, die bisher nicht oder nur schwer zu verwerten sind. Der fertige Prototyp soll flexibel unter Verwendung verschiedener Abfallströme/Feedstocks betreibbar sein.

Die Challenge ist im Hinblick auf die eingesetzten biotechnologischen Verfahren in folgenden Punkten restriktiv: 1. Das Verfahren muss eine kontinuierliche Produktion von Syntheseprodukt ermöglichen. 2. Die Verwendung von E. Coli und Saccharomyces cerevisiae Stämmen ist ausgeschlossen. Es können mikrobielle oder zellfreie Prozesse eingesetzt werden.

Die Challenge ist im Hinblick auf die eingesetzten Fertigungsverfahren nicht restriktiv. Allerdings muss eine Individualisierung der Endprodukte in Form einer Variantenfertigung möglich sein.

Die Challenge ist im Hinblick auf die eingesetzten Endprodukte nicht restriktiv. Die Auswahl der Endprodukte sollte die mögliche Bandbreite und ggf. den Plattformcharakter der eingesetzten Technologien verdeutlichen. Die Produkte aus dem biologischen Verfahrensprozess müssen in einem fortschrittlichen/additiven Fertigungsverfahren weiterverarbeitet werden.

Das Projekt muss bis zum Challenge Start ein TRL 3 aufweisen. Wir verweisen auf die Biomanufacturing Readiness Levels zur Orientierung: https://academic.oup.com/jimb/article/49/5/kuac022/6712705. Grundlagenforschung wird nicht finanziert.

Alle Challenge Teams sind im Verlauf der Challenge in einem engen Austausch mit der SPRIND und dem Coaching Team. Dadurch wird ein zielgerichteter Innovationsprozess sichergestellt, in dem aufkommende Herausforderungen frühzeitig identifiziert und adressiert werden können. Teams müssen in Stufenberichten zeigen, dass die minimalen Erfordernisse der Ausschreibung erreicht wurden. Darüber hinaus sind keine detaillierten Aufstellungen zu den Verwendungen der Finanzierung erforderlich.

Die Zielwerte für Stufe 1 repräsentieren das Minimum, das erreicht werden muss, um für Stufe 2 in Betracht gezogen zu werden.

Alle Ausgaben, die der Erreichung des Challenge Ziels dienen, können mit SPRIND-Mitteln finanziert werden. Dies können beispielsweise Personalkosten, Geräte und Materialien oder Miete sein.

Bewerbungen durch Projektkonsortien sind zulässig. Der federführende Konsortialpartner muss als alleiniger Vertragspartner der SPRIND identifizierbar sein und den Hauptsitz in der Europäischen Union, in der Europäischen Freihandelszone (EFTA), dem Vereinigten Königreich oder Israel haben.

Die Rechte am geistigen Eigentum, die während der Challenge durch die Teams geschaffen wird, verbleiben bei den Teams. Die SPRIND erhält ein unentgeltliches und nicht-exklusives Nutzungsrecht an den gefundenen Ergebnissen. Die Teams verpflichten sich, Lizenzen gegenüber Dritten zu marktüblichen Bedingungen einzuräumen. Details können der Teilnahmevereinbarung entnommen werden, die zusammen mit der Aufforderung zur Projekteinreichung veröffentlicht wird.

Die SPRIND ist entschlossen, Innovator:innen darin zu unterstützen Sprunginnovationen umzusetzen. Falls die SPRIND während der Challenge Sprunginnovationspotential in den Teams identifiziert, kann deren Arbeit auch nach Abschluss der Challenge weiter unterstützt werden.

Ein Expertenteam der SPRIND trifft eine Vorauswahl aus den eingegangenen Bewerbungen. Die finale Entscheidung zur Zulassung zur Challenge wird auf Grundlage der Bewerbung und des Pitches vor einer Jury aus Wissenschaftler:innen, Branchenexpert:innen und Investor:innen getroffen. Der Pitch soll im Rahmen der Auswahltagung Ende Oktober 2023 in Leipzig stattfinden.

Die Bewerbungsfrist endet am 17. September 2023 um Mitternacht MEZ.

Sie haben weitere Fragen?

Dann können Sie uns gern unter challenge@sprind.org kontaktieren.

Jano Costard, Challenge Officer
Jano Costard, Challenge Officer

Firmengründung dank Schimmelpilz

Wie Biophelion neue Chemikalien herstellt

Im eigenen Bad und auf der heimischen Tapete ungeliebt, ist er in Laboren seit Jahrzehnten ein Star: Der Schimmelpilz Aureobasidium pullulans. Der hefeartige Pilz fühlt sich fast überall wohl, frisst vieles und scheidet dabei unterschiedliche Moleküle wieder aus. Dank dieser Eigenschaften konnte er das Interesse von Prof. Till Tiso wecken. Der Mikrobiologe war sich sicher, der Pilz kann noch mehr leisten: Das ist eine unserer Kernexpertisen am Institut für Angewandte Mikrobiologie der RWTH Aachen, dass wir Mikroorganismen genetisch weiterentwickeln, sodass sie besser produzieren und vor allem das produzieren, was wir uns von ihnen wünschen.

Als die Circular Biomanufacturing Challenge der SPRIND ausgeschrieben wurde, wandte sich Till Tiso mit seinem Pilz an einen ehemaligen Kollegen – Dr. Lars Regestein vom Biotechnikum in Jena. Der Verfahrenstechniker erinnert sich: Ich erkannte, dass da auf jeden Fall sehr viel Potential drinsteckt, ohne dass wir damals auch nur ansatzweise daran gedacht haben, daraus eine Firma zu gründen. Der Plan der beiden: Der Pilz soll verschiedene industrielle Nebenströme in nutzbare Chemikalien umwandeln. Konkret bedeutet das, Aureobasidium pullulans produziert aus Abfall ein Polyester, das Polymer Pullulan und ein Tensidmolekül.
Biophelion

Die SPRIND schiebt uns auf der Überholspur an normalen Start-ups komplett vorbei, das ist fast schon gemein.

Biophelion
Trotz der Hürden, blickt das Gründer-Duo freudig auf die anstehende Gründung. Zwischen der akademischen Forschung und der industriellen Umsetzung gibt es oft eine Lücke. Ich habe es schon sehr oft erlebt, dass Forschungsprojekte enden, und dann sucht man sich einfach ein neues Thema, sagt Till Tiso. Aber hier ist es jetzt anders. Hier können wir den Sprung von akademischer Forschung in die industrielle Umsetzung selbst durchführen. Das ist für mich die größte Motivation.

Lars Regestein hat am Biotechnikum schon viele Start-ups beraten: Normalerweise stehe ich an der Seitenlinie und sage anderen, was sie machen müssen. Jetzt gehen Till und ich selbst aufs Spielfeld. Als CEO von Biophelion will er sich in Zukunft ganz dem Unternehmen in Jena verschreiben, während Till Tiso sich als CTO der Firma nebenher auch seiner neuen Professur für Systembiotechnologie in Bielefeld widmen möchte.
Biophelion
Aus dem Polyester könnte künftig Plastik für Verpackungen hergestellt werden – eine naheliegende Anwendung. Das essbare Polymer Pullulan wird oft in der Lebensmittelindustrie verwendet, etwa als Ersatzstoff für Gelatine. Doch Lars Regestein und Till Tiso haben eine andere Einsatzmöglichkeit vor Augen: ein neues Material für UV-3D-Drucker. Pullulan kann aber nicht direkt in einen 3D-Drucker geschoben werden. Man muss da noch so ein paar Sachen mit machen, damit es druckbar wird, erklärt Till Tiso und fügt geheimnisvoll hinzu: Das ist proprietäres Wissen, was sonst keiner hat und daher niemand nachmachen kann. Ebenfalls geheimnisvoll: Das Tensidmolekül. Es handelt sich um ein kommerziell komplett neues, einzigartiges Molekül. Welche Eigenschaften es hat, verrät das Team nicht – auch weil es diese selbst noch erforscht.

Herauszufinden, welche Endprodukte tatsächlich aus den Zwischenprodukten hergestellt werden können und welche Abnehmer in Frage kommen, ist eine von zwei großen Herausforderungen für die beiden Forscher. Die andere: Die Firmengründung.
Biophelion
Auch wenn die beiden Wissenschaftler es sich zu Beginn der Challenge noch nicht vorstellen konnten, sind sie nun dabei, ihre eigene Firma Biophelion aufzubauen. Diesen Schritt verdanken sie der SPRIND. Mit der SPRIND im Rücken hat die Gründung einen komplett anderen Realitätsanspruch bekommen, erklärt Lars Regestein. Dabei ist ihm wichtig zu betonen, dass er damit nicht nur um die finanzielle Unterstützung der SPRIND meint. Die SPRIND schiebt uns auf der Überholspur an normalen Start-ups komplett vorbei, das ist fast schon gemein.

Auch die RWTH Aachen und das Leibniz-HKI begrüßen die Gründung des Start-ups und möchten Teil der jungen Firma, die als Leibniz-RWTH-Spin-off geplant ist, sein. Trotz des Supports ist die Ausgründung nicht leicht. Lizenzbedingungen, Milestone-Zahlungen, Upfront… Till und ich sind hundertprozentige Wissenschaftler und kriegen nun einen Haufen neuer Worte und Dinge an den Kopf geworfen, die weit außerhalb unserer Komfortzone liegen, erklärt Lars Regestein. Da versuchen wir gerade eine möglichst steile Lernkurve hinzubekommen.
Biophelion
Biophelion
Die räumliche Distanz füllen die beiden mit Telefonaten. Wir telefonieren gefühlt alle halbe Stunde. Wir sagen auch nicht mehr Tschüss, sondern eigentlich immer bis später, beschreibt Till Tiso den engen Kontakt der beiden. Till Tiso mag die anpackende, lösungsorientierte und direkte Art seines Kollegen und Freundes. Lars Regestein hingegen schätzt die bedachtere Herangehensweise von Till Tiso: Er ist deutlich ruhiger und ausgeglichener als ich. Dadurch ergänzen sich die beiden gut. Lars Regestein erzählt: Till sagt zum Beispiel immer, ja okay, jetzt hast du wieder zehn komische Ideen, davon schneiden wir mal acht weg und dann gucken wir, was die anderen zwei wert sind.

Ein Blick in die Zukunft: Gedruckte Bioreaktoren??

Aus einer dieser Ideen ist ein eigenes Projekt entstanden. Aktuell sind Bioreaktoren darauf ausgelegt, möglichst vielen Bereichen der roten, grünen und weißen Biotechnologie gerecht zu werden. Für die SPRIND Challenge und unsere Firma brauchen wir aber etwas ganz anderes. Deshalb ist eins unserer Nebenprojekte das Design und der Prototypenbau von Bioreaktoren für die zirkuläre Bioökonomie, erklärt Lars Regestein. Noch Zukunftsmusik, aber eine mögliche Idee der beiden: Die Bioreaktoren einfach selbst 3D drucken. Die Folge: Der Schimmelpilz würde in einem Reaktor hausen, dessen Rohstoff er selbst produziert hat. Ein Kreislauf innerhalb des Kreislaufs.
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